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Über evad008

1989 habe ich den auftrag bekommen, über die frage "what_is_art" zu recherchieren. ich empfinde, es ist an der zeit, meine recherchen öffentlich zugänglich zu machen. neben neuesten resultaten, werde ich peu à peu auch auf mein archiv zugreifen, und ebenfalls ältere ergebnisse auf diesem blog veröffentlichen. es handelt sich dabei um reflexionen, in bild und schrift. der kontakt zu meinen auftraggebern ist durch komisario x-bin gegeben, mit dem ich via skype und viber in engem kontakt stehe. im laufe der jahre habe ich neben der übermittllung meiner aufträge und hilfestellungen seitens komisarios auch das eine oder andere detail über ihn als person und seine herkunft erfahren können, was mir wertvoll ist. ich möchte auch diese Informationen öffentlich weitergeben, und aus einem puzzle von kursiv gedrucktem, wird sich der leser vielleicht selber eine vollständige persönlichkeit seiner zusammenbasteln können.

indi67

für mich ist die malerei da spannend, wo sie auch die schatten preisgibt.
diese schatten zu entlocken, das ist eine grosse herausforderung für mich.noch immer schwebt in meinem kopf das vermeintlich schöne.
sensibel möchte ich sein, leicht, strahlend.
die tiefen aber, den impuls vollkommend spürend, nicht urteilen, sondern einfach malen, das bringt mich an meine grenzen.
am besten ist es, im fluss zu bleiben.
für mich ist der beste weg, es mir zu einer täglichen disziplin zu machen.
erschöpfend… schöpfend ist in diesem wort.
grenzen bringen mich an meine grenzen. das sagt das wort.
die gedanken auszuschalten, das ist ein versuch.
ich liebe die malerei. sie ist der direkte spiegel meiner… und scheint doch so weit entfernt.
es stimmt, ganz ehrlich gesprochen, ich bin immer wieder erstaunt. ich sehe mich so ganz anders.
und aber JA, ich bin erfreut.
ich bin mehr als mein gedanke.
vielleicht.

indi53

ich habe die zwei seiten in mir.

harekrishna, ruhig, entspannt, ich fühle mich gut und in den lüften.

alles fliesst. ich bin ganz weit entfernt und die frage kommt mir auf: was mache ich hier auf erden, wo doch die engelsglocken schon so schön klingen.

und dann die andere seite.

wenn ich versuche, den schatten aus mir rauszutreiben, mich an den rande des wahnsinns bringe und wo ich mich plötzlich ganz zu hause, hier in der welt fühle.

exstase, die erde pulsiert durch meine adern. ich setzte mich in einen anderen zustand. schalte das denken aus und reagiere rein auf meine bewegung.

ich nehme die farben, stifte, die mir nahe liegen und lasse mich von dem vulkan, den ich leben nenne, zum aufbirsten leiten.

bei diesem zweiten akt der malerei, den ich für mich als fordernder und erlösender empfinde, stehe ich in jedem moment dem abgrund nahe. er reisst an meinen gewohnheiten. kaum kenne und erkenne ich grenzen, andere würden es vielleicht regeln nennen. ich suche den absolut freien zustand zu erhaschen. das irdisch tiefe, das brodeln des kerns, meine seele, so empfinde ich es.

schwindel. ich brauche pausen. es zerrt an meinem mut.

und auch:

ich bin erfüllt mit leben.

ein liebesakt.

in voller sinnlichkeit.

der verstand?

hier nicht.

komisario

 

ko-mi-sa-ri-o

segler der welten, stern der schönheit. du hast dein leben dem abenteuer und der sinnlichen freude verschrieben. ich würde wirklich gern wissen, wer du bist. du bist getrieben und bessessen von deinem traum einer besseren welt.

gesucht: den puritanen geburtststandort mit einer prise von verrücktheit und beisssendem quadratenmarsch als ansporn gleich zu lebensbeginn.

jetzt: singulär, keiner gemeinschaft verpflichtet, was er tut, das aus idealismus und dem unerschütterlichem glauben an gerechtigkeit.

sein blick lässt bäume springen wurde mir berichtet.

des nächtens wird er du lustig, ein lebemensch heisst es. 

seine augen, blau wie die ferne. seine haare, rot wie die glut.

seemann, komm bald wieder…

mir zittert der pinsel, komisario zerschmettert atome und lässt die quanten springen. grenzen gibt es keine auf seinem planeten. alles ist geballte kraft.

“logic takes you from A to B. imagination takes you everywhere. albert einstein”, so schrieb er mir.

 

 

 

 

 

indi39

ich gehe unglaublich heiter in dieses neue jahr. das ist wirklich wunderbar.

orgie, rausch, woodoo-doodu-wa, es gibt selten andere momente im leben, in denen ich so sehr die intensität des lebens fühle wie beim kreativen schaffen.

die kunst gibt mir solch eine kraft und einen enthusiasmus.

worin besteht die kraft.

gerade darin, dass sie völlig autonom von ihrem umfeld einfach schafft. und phantasiert. und lebt.

ja genau, LEBT. das leben in der kunst ist ganz und gar grenzenlos, ich schaffe mir meine eigenen welten, experimentiere, rotz, motze, hotze, auch egal, alles ist möglich, weil es ich bin, ich mit mir selbst.

und auch wenn ich auf dem bett liege und träume, das ist kunst für mich.

kunst ist ein energetisches gebilde. sie muss nicht unbedingt materialisiert werden, selbst wenn ich persönlich eine affinität zur materie habe. weil ich das sinnliche liebe. weil mein strich auf dem blatt eben doch erfrischender und überraschender ist als einzig meine kopfphantasien.

im kope gehe ich viel öfter schon bekannte wege und versuche sie zu erweitern.

auf dem blatt hingegen kommt der völlig unmögliche-verqueere anfangsstrich, der mein leitmotiv ist.

und dann: wie nun dieses erste disaster lösen, wie wieder eine harmonie herstellen, die meiner ganz eigenen inneren entspricht.

malerei ist für mich ein zwiegespräch mit der materie.

im kopf, da bin ich doch allein.

alles ist schön. das tagträumen, schlicht auf dem bett, gemütlich, das habe ich erst letztes jahr entdeckt. vielleicht bin ich darum so sehr beschwingt.

mir schwankt’s. oh, bin ich high.

zurück aus weiterer stadt mit einem B.

nachricht von komisario.

ich erhalte (!) photomaterial. und gezeigter enthusiasmus. dringend steht dort.

bisher habe ich material und recherchen gesendet, aber nicht bekommen. beginnt ein austausch?

decode:

schrift auf stein, links aussen, rechts aussen der torso einer frau in ein gewand gehüllt, die arme aktiv nach oben gerichtet. die beiden rechts und links daneben, zwei figurinen mit verschränkten armen. als würden sie sich in andacht selbst umarmen. die zentrale figur körperlos. der blick kraftvoll nach vorn gerichtet.

sowohl die schrift, als symbol für sprache, also expression, als auch die frauengestalt, die lebendig und aktiv ist, verstehe ich als meine aussenwelt. mein agieren und ein-greifen.

die zentrale innen figur ist das gegenteil, meine innenwelt. nur an ihrem kopf erkenne ich, dass es sich um einen menschen handelt. der rest, ein stein. der stein der weisen, von dem die alchemisten*** annehmen er stände für transmutation, wohlmöglich. der kopf als zeichen für die idee.

und diese idee strahlt in die zwei richtungen, die sie erst umarmen und dann umrahmen.

zwei ist genug, um vielfalt zu beschreiben.

die idee hat in ihrer stahlung eine vielfalt von möglichkeiten.

urgent ist die nachricht.

nichts ist einzigartig ausser der idee (zentrale figur). in dem moment wo ich eine idee entwerfe, sind schon vielfältige realisationen in ihrer möglichkeit gegeben.

was bedeutet das für meine mission.

ich werde geschehen.

*** Das Weltbild der Alchimie fußt auf dem sogenannten animistischen Prinzip, wonach es nur eine alles durchdringende göttliche Seelensubstanz gibt, die unendlich mannigfaltige materielle Formgestalt annehmen kann. (https://de.wikipedia.org/wiki/Stein_der_Weisen)

was sind worte?

was ist phantasie?

erfindung, er-findung.

es hat mit finden zu tun.

ist eine bildliche phantasie, also erfindung, jenseits des wortes möglich?

wird nicht jedes bildliche erfassen sofort in worte gefasst und sogleich danach in eine empfindung übersetzt?

ich würde gern wissen: was kam zuerst, das wort oder das gefühl.

‚am anfang war das wort.‘

und gerade dem wort ist es so schwer zu entfliehen. es scheint so vollgeschwängert mit trunken schwankendem ballast.

ist eine welt ohne worte, also bedeutungen vorstellbar?

copyright: ethnologisches museum, dahlem

meiner kunstgeschichten zehnter teil

im ethnologischen museum, berlin-dahlem.

ich phantasiere:

in vielen einsamen nächten töpferte diesen krug ein weiser mann für seine verstorbene frau.

er wählte die form eines kruges, denn dieser war hohl und somit frei für die unendlichkeit.

luft ist in dem krug und um ihn herum. luft, die auch der mann geatmet hat.

der krug hat facettenartige ausbuchtungen. jede ausbuchtung steht für ein von seiner frau gelebtes leben. wege sind auf einer jeden ausbuchtung zu finden. immer verschieden und doch in ihrer grundstuktur sehr ähnlich.

unser auge kann im detail nur jeweils einen lebensweg chronologisch entziffern. präsent und in ihrer vollen vielfalt enfaltet sind hingegen alle und zu jeder zeit. nur so können sie das halten, was den hohlraum bildet: die essenz.

durch die hülle, das material des kruges, gibt es eine spaltung zwischen dem aussen, der welt und dem innen, für ihn: die seele seiner frau.

woran er sich erinnern kann, das sind die facetten, der ton, den er nun mit seinen händen formt.

es ist sein bild. seine form.

seine frau, sie steigt daraus hervor.

copyright: eva-d
der twist: grossvater ja banjospieler im osloer underground der 20-er, mutter baptistische kirchendiva, komisario im alter von 10 will schlagzeug spielen. die mutter kreischt wie immer: welch teufelswerkzeug! der sohn setzt sich durch, vater bringt den sohn geflissentlich zum unterricht, die augen keusch bedeckt gehalten vor des lehrers höllenanblick: tattoos, strammes sixpack, grazile nymphen im evakleid grossformatig die wände füllend.

der unverwüstliche wille wurde komisario in die wiege gelegt, der anarchische rhythmus des trommelschlags, das nervöse pulsieren der hihat wie sie sinnlich über die scheibe zurrt, wahrscheinlich sind hier die ersten spuren seines tobenden blutes in schwingung gekommen. komisario spielt keine musik. komisario ist musik. wild, impulsiv, haarscharf in seinem selbst erfundenen takt.

der weitere werdegang, bulimisch. klassik, jazz, pop, experimental, komisario jagt durch die universen. nirgends bleibt er hängen, überallhin kommt er wieder zurück, um erneut zu entschwinden.

seine auftritte als schlagzeuger verwehren ihm die eltern. komisario schmeisst mit 17 die schule. er will musik machen. ein letzter versuch der eltern ihn auf die sanfte bahn zu lenken: klarinette. er geht nach wien. studiert bei alfred prinz, spielt im orchester. das jähe ende dieser karriere: sein kiefer leidet unter der täglichen dressur. komisario wird “kapellmeister”, erste auträge als dirigent. zurück nach frankreich, paris. zeitgenössiche musik. er hat nun ein schwedisches ensemble, das er in die stadt der lichter bringt.

copyright: eva-dkomisario leidet. zu nah ist diese musikantenszenerie in ihrem bigotten gewand seinem puritanischen ursprung, der baptischen gemeinde. hörig. verschlossen. in den adern rinnt nur gesetztes anpassertum.

komisario beginnt zu komponieren. allein, sein computer bebt. er ist er, wieder: töne jagen, schlagen, ein jähes stoppen um gleich danach mit einer anderen achterbahnfahrt zu übermannen.

geldnot.

jahre der musikalischen enthaltsamkeit.

komisario erfindet sich neu. abenteurer. weltensegler. jetzt sucht er das gold that makes the world go around.

träume von finanzieller unabhängigkeit. mit dem gold will er eigene welten schaffen. musik. spektakel. delirium.

die musik steht schon lange nicht mehr auf dem notenblatt. kaum ein sound tobt noch durch den computer.

sein unbändiger drang nach leben und pulsieren, rhythmus und atmen hat sich in die welt gelegt. geballte energie im irdischen anzug. die verpuppung platzt.

copyright: eva-d

ist er ein lyti?

ich schlängele im rätsel. 

so viele irdische indizien. er könnte existieren, physich. genau wie musik physich existiert? schlangen winden sich durch das rückrat. ihre blicke verwandeln steine in schlösser.

ich bin agent008. meine mission ein codex zwischen den noten. mein kontakt, ein feuerball. die anziehung unbezwingbar.

schwesternes gibt die künstlerischen lücken. wenn gar nichts mehr geht.

was ist die malerei angesichts des todes eines so nahen menschen?

was ist eine lücke?

sprachlosigkeit.

zu gern würde ich sie mit aktionismus füllen. doch die leinwand verwehrt sich. aushalten. der lücke seinen platz geben.

jeder tatendrang, und ja, dazu zähle ich auch die malerei, gibt das gefühl, “es geht weiter”.

eine erleichterung würde platz nehmen. ein schönes gefühl, gutes gewissen. “es ist ja doch alles wie zuvor”.

aber die malerei ist brutal ehrlich. sie verweigert sich.

ich habe gar keine idee. ich fühle mich hohl. die fassungslosigkeit, dieses stumpfe dasein, das keine worte von sich gibt, das mich im NICHTS verharren lässt und mich so ganz haarscharf gegenüber meiner eigenen existenz stellt.

meine mutter ist gestorben, und ich sehe sie so oft. sie ist mir näher als sie es jemals war. aber ich finde keine worte, ich finde keine übersetzung in bildern.

ich bin einem kargen schweigen ausgesetzt.